Am 17.10. stellen wir die Kostenanalyse online vor. Lade vorab die Fallstudie herunter.
Fallbeispiel: Steffi Karpf – Ein Familienweingut als Naherholungsziel
Wo fangen wir am besten an? Im Weingut Zimmer hat sich so viel entwickelt.
Steffi Karpf leitet mit ihrer Familie ein biologisches Weingut in Kernen im Remstal. Das Weingut hat über viele Jahre eine Besenwirtschaft betrieben, die jedoch aufgrund der hohen Arbeitsbelastung stillgelegt wurde.
Die Familie setzte auf einen Weinautomaten für den Endkundengeschäft, doch als Steffi sich an uns wandte, war klar, dass es nicht nur um Technik ging.
Sie wollte ihre Arbeitslast reduzieren, sich auf das Wesentliche konzentrieren und prüfen, welche Betriebsaktivitäten wirklich sinnvoll waren.
Der Einstieg: Eine symbolische Inbesitznahme
Die erste und vielleicht wichtigste Erkenntnis während des zweitägigen Beratungsworkshops war nicht operativer, sondern symbolischer Natur. Steffis Eltern bewohnten noch die Betriebsleiterwohnung über der Vinothek und dem stillgelegten Besen. Diese Tatsache führte dazu, dass die Vinothek und der Besen nicht als Verkaufsräumlichkeiten genutzt werden konnten – die Eltern fühlten sich durch die Abendveranstaltungen in ihrer Privatsphäre gestört.
Dies führte uns zu einer entscheidenden Diskussion über den symbolischen Akt der Inbesitznahme des Weinguts durch die nächste Generation:
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Die Bedeutung der Inbesitznahme: Die Betriebsleiterwohnung zu übernehmen ist nicht nur ein praktischer Schritt, sondern ein wichtiger symbolischer Akt des Generationswechsels. Wenn die ältere Generation den Platz nicht räumt, bleibt das Weingut in einer Art Schwebezustand.
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Risiken einer verweigerten Übergabe: Ohne diesen Schritt läuft der Betrieb mit angezogener Handbremse. Die jüngere Generation wird in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt, was langfristig das Familieneigentum und den Zusammenhalt gefährden kann.
Die Familie erkannte sofort die Bedeutung dieser Überlegungen und organisierte bereits am Folgetag Handwerker, um den Generationenwechsel in der Wohnung zu vollziehen. Damit wurde die Grundlage für Steffis uneingeschränkte Führung des Betriebs gelegt.
Die Standortanalyse: Vorteile und Herausforderungen
Nach der erfolgreichen Klärung der Wohnsituation wandten wir uns der Außendarstellung des Weinguts zu. Eine detaillierte Analyse der Lage und Positionierung ergab klare Vor- und Nachteile:
Vorteile:
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Lage auf dem Jakobsweg.
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Vorhandensein einer Picknickwiese, die bereits von Besuchern geschätzt wurde.
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Freilaufende Hühner, die besonders bei Kindern sehr beliebt waren.
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Nähe zu Attraktionen wie der Yburg und der Kugelbahn.
Nachteile:
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Hohe Dichte von Weingütern in der Umgebung.
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Starke Konkurrenz durch renommierte Biobetriebe in der Nachbarschaft, darunter VDP-Weingüter.
Die entscheidenden Fragen, die sich daraus ergaben:
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Wie lässt sich das Weingut von anderen Biobetrieben differenzieren?
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Wie kann die Einzigartigkeit des Weinguts in den Markenkern überführt werden?
Die Lösung: Positionierung als familienfreundliches Weingut
Aufgrund der familiären Atmosphäre, der freilaufenden Tiere und der Picknickwiese lag es nahe, das Weingut als familienfreundliches Ziel zu positionieren. Es sollte ein Ort werden, an dem Familien mit Kindern gerne vorbeischauen – sei es, um mit den Hühnern zu spielen oder einen kleinen Ausflug zu machen. Besonders die jungen Familien aus den nahegelegenen Neubaugebieten des Stuttgarter Speckgürtels konnten so als neue Zielgruppe angesprochen werden.
Die Markenumsetzung: Von der Idee zum Design
Ein Konzept nahm Gestalt an. Viele der Aspekte, die wir vor Ort beobachteten, waren bereits auf dem Etikett als Worte abgedruckt. Doch wir fragten uns: Was wäre, wenn sich die familienfreundliche Atmosphäre auch optisch widerspiegeln würde?
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Das Design: Die Familie entschied sich, die Mediengestalterin Frauzet aus der Umgebung hinzuzuziehen. Sie entwickelte einen Illustrationsstil, der die familiäre Herzlichkeit, die Tiere und das ländliche Idyll auf den Etiketten einfing.
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Symbolik: Auf den neuen Etiketten finden sich Symbole wie Hühner, Katzen, der Traktor und die ERO-Fanmütze wieder – all das, was das Weingut ausmacht.
Diese neue visuelle Identität sollte nach dem Herbst 2024 in die Vermarktung eingeführt werden.
Die Preisanpassung: Vereinfachung des Sortiments
Im Rahmen des Relaunches wurde auch das Sortiment gestrafft. Wir setzten unser eigenes System zur Preisvereinheitlichung ein, um eine klare Struktur zu schaffen:
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Frühere Preispolitik: Vorher bildeten stark kalkulierte Preise ein schwer verständliches Gemisch von Ebenen und Qualitätssignalen.
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Neue Struktur: Die Preise wurden auf klare Gruppen wie 6 €, 9 €, 12 € und 15 € festgelegt, wodurch Kunden innerhalb einer Preisklasse nach Geschmack auswählen konnten, ohne dass Cent-Beträge eine Rolle spielten.
Die Preisliste, kombiniert mit den neuen Etiketten, stellte eine der schönsten Umsetzungen dar, die wir seit langem gesehen haben.
Gesundschrumpfen: Weniger ist mehr
Ein weiterer entscheidender Punkt war die Arbeitsbelastung im Betrieb. Durch die Analyse der bewirtschafteten Flächen wurde deutlich, dass einige Weinberge zwar arbeitsintensiv, aber wirtschaftlich kaum lohnend waren. Die Lösung war klar:
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Gesundschrumpfen: Steffi entschied sich, unrentable Flächen aufzugeben und Pachtverträge zu beenden.
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Ergebnis: Diese Maßnahme führte zu einem entspannten Herbst 2024 – der wohl entspannteste Herbst in Steffis Erinnerung.
Dieser Schritt steht im Gegensatz zum Branchencredo „Wachsen oder Weichen“. Steffi bewies, dass es oft besser ist, den Betrieb gesundzuschrumpfen und sich auf die wirklich lohnenden Flächen zu konzentrieren, anstatt immer mehr zu produzieren und dabei an den Vermarktungsaktivitäten zu sparen.
Die größte Weinbank im Remstal: Ein Highlight für Besucher
Um die Familienfreundlichkeit zu erhöhen und Wanderer des Jakobswegs zum Verweilen einzuladen, fehlten noch Sitzgelegenheiten. Die Idee zur längsten Weinbank des Remstals war geboren, und die Männer des Betriebs setzten dieses Projekt schnell um.
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Eröffnungsevent: Die Einweihung der 30 Meter langen Bank war ein voller Erfolg und sorgte für Aufmerksamkeit in der Lokalpresse: Artikel zur Bank.
Bis zu 80 % der Nettokosten für die Modulberatung können je nach Bundesland gefördert werden!
Die Modulberatung in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wird mit Mitteln der Europäischen Union (ELER – Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums) sowie Mitteln des Bundes und des Landes Baden-Württemberg im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes gefördert.
Ziel ist es, durch aktuelle Beratungsangebote in Form von Modulen die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der heimischen Landwirtschaft zu stärken. Dies trägt zum Querschnittsziel (XCO) im GAP-Strategieplan Deutschland bei: Modernisierung des Sektors durch die Förderung und Weitergabe von Wissen, Innovation und Digitalisierung in der Landwirtschaft und ländlichen Gebieten.
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